Freddy Hunziker: Startups können zum systemischen Wandel beitragen
Freddy Hunziker, ehemaliger Downhill-Mountainbiking, brachte er 2016 eine preisgekrönte Alternative zu Camembert auf den Markt. Dies führte zur Gründung von New Roots, einem Start-up-Unternehmen, das ohne fossile Brennstoffe produziert und mittlerweile 27 Mitarbeiter beschäftigt. Freddy wurde 2019 mit dem Swiss Economic Award ausgezeichnet und stand 2021 auf der Forbes 30 Under 30-Liste.
Claudia • 25.07.2023
Welche besonderen Aufgaben erwarten die Schweiz, wenn es darum geht, ihren FOODprint zu reduzieren beim Wechsel zu alternativen Proteinquellen?
Der Umstieg von tierischen Produkten auf pflanzliche sorgt für Disruption in einer Menge bestehender Systeme. Es braucht da Lösungen auf allen Ebenen: für Konsument*innen, in Produktion, Politik und Legislation.
Insbesondere braucht es Firmen, die diesen neuen Weg gehen, so wie New Roots. Startups können der Gesellschaft aufzeigen: es geht nachhaltiger, effizienter und ethisch vertretbar – so, dass wir auch für die Zukunft von morgen Lebensmittel produzieren können, die wirklich nachhaltig sind. Und nicht nur nachhaltig in Form von einer CO2 Bilanz, sondern auch wirtschaftlich nachhaltig und transparent.
Was gibt es deiner Meinung nach, was wir jetzt konkret angehen können?
Es braucht auf der Angebotsseite nicht nur Produkte, die produziert und verkauft werden, um Umsatz zu generieren, sondern Produkte, die einen klaren Purpose haben. Auch das kann wiederum helfen, den Konsument*innen Wissen zu vermitteln und ihnen das Verständnis für neue Ansätze und positive Veränderung nahe zu bringen.
Auf Konsument*innen-Seite ist es immer eine Herausforderung, weil sehr viel Greenwashing betrieben wird. Es ist wichtig, dass man sich genau damit auseinandersetzt, wo Lebensmittel unter welchen Bedingungen von wem produziert werden, und welche Klimabilanz sie haben. Das ist natürlich ein Aufwand, aber dieser lohnt sich immens. Schliesslich konsumieren wir Lebensmittel mehrmals am Tag.
Eure Produktion bei New Roots verzichtet auf fossile Energie. Was würdest du anderen mitgeben, die das auch tun wollen?
Auf jeder Produktionsebene gibt es sehr viel Impact und Verantwortung. Das fängt bereits bei der Produktentwicklung an. Das geht über bis zu Produktion, Marketing und Vertrieb. Es ist sehr wichtig, dass in der gesamten Wertschöpfungskette keine Abkürzungen genommen werden. Jede Ebene zählt: die Produktion ist genauso wichtig, wie die Auswahl der Rohstoffe. Mit New Roots wollten wir das ganzheitlich angehen und verändern, über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg so nachhaltig wie möglich zu produzieren.
Ihr produziert sozusagen Käse und Milch ohne Kuh, alles vegan. Was hat euch dazu bewogen?
Der Mensch hat die Fähigkeit, etablierte Muster in Frage zu stellen und sie zu verbessern, um effizientere Lösungen zu finden. Auch wenn ich es aus moralischer Sicht nicht akzeptabel finde, Kühe zu halten, ist es dennoch wichtig anzuerkennen, dass die Verwendung und der Konsum von Kuhmilch vor einigen Tausend Jahren aufgrund der damaligen Umstände und der Notwendigkeit, im Winter überlebenswichtige Proteine durch Kühe zu gewinnen, als sinnvoll angesehen wurde.
Heute ist es so, dass die tierische Industrie eine Grösse erreicht hat, die die Ressourcen unseres Planeten sprengt. Daher braucht es dringend neue Wege, um Netto Null bis 2050 zu erreichen und eine wachsende Weltbevölkerung mit genügend Nährstoffen versorgen zu können. Es ist ineffizient, Proteine anzubauen, diese durch ein Tier zu verfüttern und dann die Proteine in tierischer Form zu konsumieren. Ausserdem gibt es neben dem Klimaaspekt auch noch gesundheitliche und ethische Komponenten, die für alternative Proteine sprechen.
Wenn wir uns die Planetary Health Diet anschauen, brauchen wir bald mehr alternative Proteine als bisher. Was bräuchte es deiner Meinung nach, damit die Angebotsseite sich hier weiterentwickelt?
Das Problem ist, dass sehr viel Firmen Valuation-getrieben sind: es geht nicht um einen moralischen Mehrwert, sondern um Umsatzziele und das Einhalten von Absatzerwartungen. Hier ist ein systemischer Wandel sehr schwierig zu erreichen. Der einfachste und schnellste Weg ist es, wenn Einzelpersonen bottom up neue Strukturen kreieren. Das erfordert allerdings Zeit und Ressourcen. Ich denke aber, das ist der schnellste Weg, um systematischen Wandel zu erreichen.
Als wir New Roots 2015 gegründet haben, glaubten viele nicht an vegane Produkte. Letztes Jahr haben wir über 3,5 Millionen Produkte abgesetzt. Umgerechnet heisst das, dass fast die halbe Bevölkerung der Schweiz schon einmal eines unserer Produkte konsumiert hat. Das zeigt, dass man manchmal auch etwas wagen muss, um den Wandel step by step zu erreichen.
Was ist deine Message an die Clima Now Community?
Es ist sehr wichtig, dass Ideen umgesetzt werden, die einen wirklichen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Es braucht innovative Veränderung und Lösungen. Lösungen, in die bestehende Ressourcen wertvoll und sinnvoll eingebracht werden. Ich merke bei anderen Startups, dass teilweise durch bestehende Systeme und Konzepte Innovationskraft gebremst wird. Deshalb möchte ich den neuen Entrepreneurs ans Herz legen: Träumt gross und arbeitet hart dafür, dass diese grossen Träume in Erfüllung gehen und wir bestehende Muster aufbrechen können. Nur mit Veränderung können wir als Gesellschaft überleben.
Worauf freust du dich besonders beim Spotlight?
Ich freue mich darauf Neues zu lernen, neue Projekte und neue Menschen kennen zu lernen. Und zu verstehen, was diese Menschen antreibt.
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