Daniel Meili – kreativ und engagiert
Daniel Meili macht keine halben Sachen: Als Psychiater und Chefarzt der ARUD war er, nach der Schliessung der offenen Drogenszene auf dem Platzspitz, massgeblich am Aufbau der Schadensminderung im Drogenbereich beteiligt. Für Soziales und die Umwelt engagiert er sich seit bald fünfzig Jahren und setzt sich regelmässig mit Theorie und Forschung auseinander. Als Künstler bringt er seit über 20 Jahren Stahl zum Tanzen und sieht da Parallelen zum Gleichgewicht der Erde.
Claudia • 25.08.2022

Daniel Meili in seinem Atelier
Daniel, du Hast Clima Now mit ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?
Wir waren drei Brüder: Martin, Marcel und ich. Unser Vater hat eine grössere Firma gegründet, nachdem er den Feuermelder erfunden hat. Dieses weltweit erfolgreiche Unternehmen hat in einer grösseren Erbschaft für uns resultiert. Wir waren alle drei beruflich erfolgreich genug und wollten das Erbe nicht für uns privat beanspruchen. Noch zu Lebzeiten unseres Vaters haben wir begonnen zu überlegen, was mit diesem Geld passieren soll. Zuerst haben wir uns einzeln durch Erbvorbezüge in unterschiedlichen Projekten engagiert, dann aber gemeinsam in Projekte investiert, die man heute als «nachhaltig» oder mit dem Begriff «Social Impact» bezeichnen würde. Wir wollten keine Mäzene sein, sondern verantwortungsvolle Investoren und Initianten. Anfangs geschah das in vier Bereichen: Kultur, Gesundheit, Neue Technologien und Architektur.
Wie kam dann der Fokus auf das Klima?
Die Klimafrage war für uns seit den 70er-Jahren präsent. Bereits damals demonstrierten wir als Teil der Anti-AKW-Bewegung in Kaiseraugst und Gösgen.. Zu dieser Zeit erschien auchder erste Bericht des Club of Rome: «Grenzen des Wachstums» (1972), in dem Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern festgestellten, dass die Ressourcen der Welt knapp sind – und wir auf deren Überstrapazierung zusteuern.
Und wie kam es dann konkret zu Clima Now?
Die vier oben genannten Felder waren spannend, haben aber auch zu einer Verzettelung geführt. Nach dem Tod unseres Bruders 2019, haben Martin und ich nochmals überlegt: wie möchten wir grundsätzlich weitermachen? Wie können wir effektiv und effizient sein in einer Thematik, die uns interessiert? Da wurde zunehmend klar, dass die Klimafrage am brennendsten ist und wir uns voll darauf fokussieren wollen. Zusammen mit Nathalie, die schon vorher unsere Projekte koordinierte, bildeten Martin und ich den Kern für die Initialzündung von Clima Now. Mit der Fokussierung aufs Klima als grosses, gemeinsames Thema sahen wir die Chance, andere vermögende Menschen und Erben aktivieren zu können – was uns mit Tobias Rihs und Ruedi Gerber gelang.
Wo siehst du die grössten Herausforderungen in der Bekämpfung des Klimawandels?
Die Klimaerwärmung wird entscheidend sein, was mit der Menschheit und allen Lebewesen passiert. Der Planet ist nicht angewiesen auf den Menschen. Es gab bisher fünf Massensterben auf der Welt, ca. alle 100 Millionen Jahre, immer durch äussere Faktoren verursacht. Nun ist das erste Mal eine Klimaveränderung von einem Lebewesen verursacht – die im schlimmsten Fall auch in einem Massensterben enden könnte.
„In Anlehnung an Antonio Gramsci sage ich: «In der Analyse bin ich pessimistisch, in der Handlung bin ich optimistisch». Angesichts der Klimaproblematik kann man entweder zynisch, ignorant oder depressiv werden – zu all dem habe ich keine Lust. Auch wenn ich nicht beliebig zuversichtlich bin, in der Handlung bin ich voll optimistisch, deshalb habe ich Clima Now mitgegründet. So möchte ich einen Beitrag leisten, um die Chancen zu verbessern, dass sich etwas verändert.“
Daniel Meili
Wo siehst du die grössten Chancen im Kampf gegen den Klimawandel?
Bei Clima Now unterstützen wir Projekte, die einen grossen Impact haben. Wir stellen fest, dass es an Kreativität nicht fehlt. Gerade unternehmerisch ist es spannend zu sehen, was möglich und auch erfolgreich ist und nicht an erster Stelle auf Konsum abzielt. Chancen sehe ich auch für die Menschen im Privaten: Um den Klimawandel zu verlangsamen, brauchen wir nicht nur technologische Neuheiten, sondern auch Veränderungen in der Lebensführung der Menschen. Die Wohlstandsgesellschaft in der nördlichen Hemisphäre hat zwar vieles erreicht (Reduzieren der Geburtensterblichkeit, erhöhte Lebenserwartung, Heilung von Krankheiten), verursacht aber auch neue Probleme: Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, aber auch Leistungsdruck, was sich enorm auf die Psyche auswirken kann.
Daniel Meili bringt in seinem Atelier Stahl zum Tanzen
Was ist deine Message an unsere Community?
Weder das individuelle Verhalten allein noch politische Veränderungen allein sind erfolgreich. Die ganze Klimaproblematik braucht Verhaltensänderungen, aber auch Regulationen, Limitierungen und Verbote. Nach heutiger Erkenntnis ist mit Freiwilligkeit nur etwa 20 Prozent des gewünschten Effekts erreichbar, für die anderen 80 Prozent braucht es Regeln. Ich hätte lieber es wäre nicht so, aber als Psychiater weiss ich: der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Aber: Veränderung birgt auch Chance. Wenn man sich von bestimmten Konsummustern verabschiedet, merkt man vielleicht, dass das die Lebensqualität positiv beeinflusst. Das Wichtige ist: es braucht Menschen, die das Klima ernst nehmen und sich für beides einsetzen: politisch sinnvolle Regulationen als auch eine vernünftige Lebensweise. Das eine soll und darf nicht gegen das andere ausgespielt werden.
Das Motto des diesjährigen Spotlights lautet «Climate ARTivistst wanted: Rethinking the Impact of Art». Wie setzt du dich in deiner Kunst mit dem Klima auseinander?
Ich setze mich vor allem mit einem Phänomen auseinander, das auch mit der ganzen Klimafrage korreliert. Die Skulpturen, die wir machen sind kinetisch, also beweglich. Sie lassen sich nur mit der Chaostheorie erklären. Das heisst: es ist Material, das nur in ganz bestimmten, feinen Abgleichungen in einem Gleichgewicht steht und durch das eine Beweglichkeit bekommen, die aber auch nicht voraussehbar ist. Kleinste Abweichungen von Dimension und Gewicht führen zu einem Kollaps.
Rethinking the Impact of Art
Auch das diesjährige Clima Now Spotlight setzt sich mit der Frage auseinander, wie Kunst die Gesellschaft im Kampf gegen den Klimawandel positiv beeinflussen kann. Am 03.09. startet das Public Voting! Um keine Updates zu verpassen, abonniere jetzt unseren Newsletter